1795 – 1875
Wir sind es, die ausziehn
stets zu vieren,
Und reichen freundlich immer
uns die Hände,
Daß, wie das Jahr sich hin und
her auch wende,
Wir seinen Lauf mit unsern
Gaben zieren.
Wir streun dir Blüthen, sie
zum Schmuck zu kühren,
Wir sonnen dir mit warmem
Licht die Wände,
Wir bieten Früchte dir zur
reichen Spende,
Wir bahnen Wege, dich im Flug
zu führen.
Und siehe doch, des Menschen
eignes Leben
Wir wollen es dir vor die
Augen malen;
Du kannst es abgebildet in uns
selbst erblicken.
So woll’ uns denn die Hand zum
Gruße geben,
Und warmen Dank uns allen gern
bezahlen,
kann mancher auch vor andern
dich entzücken.
wenn du erscheinst, erwachet
die Natur,
Die Lüfte dehnen sich mit
leichtem Wallen,
Die muntern Bächlein blitzen
in Kristallen,
Und drüber glänzt der Himmel
im Azur.
Das junge Grün schmückt
lieblich Wald und Flur,
Der Vögel Lieder lauten Klangs
erschallen,
Aus Büschen flöten süße
Nachtigallen,
Und überall lacht deine goldne
Spur.
Die Maienglöckchen läßt du
helle sprießen,
Und Maienglöcklein läßt du
helle sprießen,
Und auf den saftgen,
hellbethauten Wiesen
Die Schlüsselblumen sich zum
Schmuck ergießen.
Und manches Veilchen, duftend
zum Entzücken,
Manch holdes Röschen läßt du
blühend pflücken,
Dem Freund es grüßend in die
Hand zu drücken.
Sommer
Wie sollt’ ich dich, o Sommer,
hoch nicht preisen,
Der strahlst du mir im
sonnenhellen Schimmer,
Mir beutst zur Lust die
schönsten Blumen immer,
Die violetten, rothen, gelben,
weißen!
Du lockest mich, hin auf das
Land zu reisen;
Wenn fächelt in dem
sonngebranntem Zimmer
Die Schläfe mir ein kühles
Lüftchen nimmer,
Entführst du mich der Stadt,
der staubgen, heißen.
Du labest mich aus deinen
offnen Bronnen,
Du kühlest mich an deines
Bächleins Wellen,
Du sonnest mich an deinen
Morgensonnen.
Den frischen Thau läßt du mir
perlend träufen,
Zum süßen Saft die jungen
Reben schwellen,
Die goldnen Ähren zu der
Erndte reifen.
Herbst
Komm, reicher Herbst, entbiet
uns deine Gaben,
Laß süße Frucht uns von den
Zweigen heben,
Reich uns den Saft der edlen,
goldnen Reben,
Die Lippen uns am jungen Wein
zu laben.
Was wir an Sorgen auf dem
Herzen haben,
Nun, da sich regt ein
frohbewegtes Leben,
Die Hände sich zum warmen
Gruße geben,
Laß still es uns in deinen
Schooß begraben.
Wie lockend willst du rings
uns Alles malen,
Wenn sich die Blätter gelben,
lieblich röthen,
Und blitzen drauf der Sonne
goldne Strahlen!
Und wie zum Scheidegruß, um
dann zu schweigen,
Will noch ein Vöglein süße
Lieder flöten,
Sich wiegend auf den letzten
Laubeszweigen.
Winter
Sei, Winter, sei mit deinen
eisgen Schwingen,
Die spannst du fröhlich, laut
von uns erhoben,
Wenn du, in deiner Kunst dich
zu erproben,
Frostblumen an die Scheiben
willst uns bringen.
Komm, laß uns fröhlich traute
Lieder singen
Am stillen Heerd, wenn draußen
Stürme toben,
Laß uns des Feuers heimlich
Knistern loben,
Wenn Eisesarme Wald und Flur
umschlingen.
Komm, führ im Flug uns gleich den
schnellen Winden,
Führ lustig uns auf
schneegebahnten Wegen,
Und laß die hellen
Schlittenglöcklein läuten.
Komm, laß am Abend froh zusamm
uns finden
Beim Lampenschein, bis wir zum
schlaf uns legen,
Am Morgen uns manch süßen
Traum zu deuten.
1795 – 1875
Zwölf Brüder sind wir, die ins
Jahr sich theilen,
Mit rauhen, weichen Armen es
umschlingen,
Der Zeiten vier in stetem
Wechsel bringen,
Und sehn die Stunden
pfeilgeschwind enteilen.
Nur kuz darf jeder von uns zwölfen
weilen,
Doch will, ob wir uns eilig
auch entringen,
Des Guten viel im Flug uns
schon gelingen,
Und manchen Schmerz, wir
dürfen lind ihn heilen.
In unsern Schooßen tragen wir
die Wiegen,
Darin dereinst in frühsten
Jugendzeiten
Ihr Alle durftet weich
gebettet liegen.
Und als ihr tratet in das
ernste Leben,
Da durften auf dem Weg wir
euch geleiten,
Und Lieb und Leid euch um die
Herzen weben.
1795 – 1875
Die Sonne scheint mit ihrem
goldnen Duft;
Die trüben Nebel, die sie
rings umsponnen,
Sie sind von ihrem Glanze nun
zerronnen,
Und leise wallt die frische
Morgenluft.
Das Leben steiget wie aus
dunkler Gruft
Ans Licht des Tags, sich
lieblich dran zu sonnen;
Es regt sich Alles wie in
süßen Wonnen,
wenn es der Morgen aus dem
Schlafe ruft.
Die Lerche jubelt ihren hellen
Schlag,
Von jedem Zweige hört man
Lieder schallen,
Die jauchzend grüßen den
ersehnten Tag.
Und manches Blümlein holden
Auges lacht,
Das, um dem jungen Morgen zu
gefallen,
Am Sonnenlicht sich glänzend angefacht.
Hell darf die Sonne von dem
Himmel schauen,
Ausgießend hier und dort die
goldnen Strahlen,
Mit ihrem Schimmern glänzend
zu bemalen
Des Waldes Saum, die
blumenreichen Auen.
Viel tausend Tröpflein auf die
Matten thauen,
Ergossen wie aus diamantnen
Schalen,
Des Dankes Zoll dem Morgen zu
bezahlen,
Und drüber will der weite
Himmel blauen.
Es drängt sich Alles an das
Licht der Sonnen,
Nur einen Blick des Auges zu
gewinnen,
Und dann zu glänzen wie in
stillen Wonnen.
Das letzte Sternlein muß vom
Himmel weichen,
Bescheiden vor des Tages Glanz
zerrinnen;
Noch einmal blitzt es, um dann
zu erbleichen.
Morgenstimmung
Im Grünen sitz’ ich unter
duftgen Linden,
Der Morgen senkt auf Wald und
Flur sich nieder,
Von Zweigen schallen schon die
ersten Lieder,
Die Blätter wiegen sich in
leichten Winden.
Da schält das Herz sich los
von harten Rinden,
Dem Geiste wachsen schwellende
Gefieder,
Er hebt empor zum alten Flug
sich wieder,
Gedanken tauchen auf, die
warmgelinden.
Wie will mein Sinn sich plötzlich
umgestalten!
Ich schaue hell, was sonst in
trüben Bildern
Mir schwarze Schatten vor die
Seele malten.
Das Strenge selbst, das
Herbste kann ich mildern;
Es glätten sich die
tiefgefurchten Falten,
Und rosig will sich Alles mir
nun schildern.
1795 – 1875
Wenn schon hinab die goldne
Sonne geht,
Mit ihrem Scheidegruß mir noch
zu winken,
Will ich die Lust des milden
Abends trinken,
Die säuselnd über Wald und
Fluren weht.
Wie stolz sie an dem
Abendhimmel steht,
Als dürft’ sie eine Königin
sich dünken,
Die Gunst ausstreut zur
Rechten und zur Linken
Mit voller Hand, in hoher
Majestät!
Jed Blümlein will, als wär es
ihr zu eigen,
Nach ihren Blicken liebend
noch sich neigen,
Bis sie erlischt, die strömet
Licht und Leben.
Dann darf mit Stille die Natur
umweben
Sich rings umher, die Ruhe
senkt sich nieder,
Bis lacht des Morgens goldnes
Auge wieder.
1795 – 1875
Wie ists so lieb, wenn mit den
kühlen Schatten
Die Nacht uns deckt, die
helle, wolkenreine,
Wenn schimmert sie im blassen
Mondesscheine,
Der Zauberlichter wirft auf
grüne Matten!
Zum trauten Bunde wollen sich
ihr gatten
Die Nachtigallen, die am
buschgen Raine,
Und dort im stillumhegten
Waldeshaine
In ihrem süßen Sange nicht
ermatten.
Und wie zum Troste hält sie
uns umwunden
Mit weichem Arm, uns heilend
herbe Wunden,
Die uns der Tag mit rauher
Hand geschlagen.
Und darf ins Reich der Träume
sie uns tragen,
So malt sie Bilder, die uns
zum Entzücken
Des Lebens öder Wirklichkeit
entrücken.
1795 – 1875
Was zaubert vor die Sinne mir
die Nacht,
wenn still ich darf in ihrem
Schooße liegen,
Hat, wie wenn leicht mich
goldne Schwingen trügen,
Manch süße Wonnen in mir angefacht.
Doch was ich mir so lieblich
ausgedacht,
Worauf ich wollt’ mich mit
Entzücken wiegen,
Wenn mir des Tages Müh und
Sorgen schwiegen,
Schien anders mir, wenn
Morgens ich erwacht.
Da wollt’ ich Alles ruhig mir
erwägen,
Mit wachem Sinn bedächtig überlegen,
was mir die Nacht zu süßem
Traum gewoben.
Dann ist mir Vieles wie in
Nichts zerstoben,
Worauf mein Blick sich
träumend wollte lenken;
Ach, süß ist’s nicht, sich
Alles überdenken!
1795 – 1875
Wenn schimmert hell der Mond
in sanftem Licht,
Dieweil die Nacht ausbreitet
ihr Gefieder,
Blickt schweigend er zur
stillen Erde nieder
Mit mildem Aug, mit holdem
Angesicht.
Er schaut und sinnt, ob er
kein Wörtlein spricht,
Und was erhorcht er lauschend
hin und wieder,
Der Glocken Schlag, der
Nachtigallen Lieder,
Mit Lust er sich um seine
Schläfe flicht.
er guckt mit seinem hellen
Silberschein,
Wenn willst du dich auf süßen
Träumen wiegen,
Neugierig dir durchs offne
Fensterlein.
Nimm dich in Acht, er hört das
stillste Wort,
Ob auch dein Mund es lispelt
wie verschwiegen,
Und träget dein Geheimnis mit
sich fort.
1795 – 1875
Wie ists so schön im stillen
Waldesgrün,
Wenn flüstern leis die
leichtgehauchten Winde,
Sich wiegen auf den Blümchen
weich und linde,
Die hier und dort in zarten
Moosen blühn!
Wie ists so schön im
Waldesgrün,
Wenn Sonnenlichter durch die
Zweigesritzen
In goldnen Schimmern auf den
Rasen blitzen,
Auf saftgen Blättern
wunderlieblich glühn!
Wie ist’s so schön im dichten
Waldesgrün,
Wenn flinke Rehe durchs
Gesträuche springen,
Mit scheuem Blick an mir
vorüberfliehn!
Wie ists so schön im lustgen
Waldesgrün,
Wenn Vöglein, ihren süßen Sang
zu singen,
Auf Zweigen flattern fröhlich
her und hin!
1795 – 1875
Dort möcht’ ich heimlich
rasten stundenlange,
Dort an dem grünen,
blumenreichen Rain;
Ich wiegte mich mich still in
Gedanken ein,
Ob schlüg’ das Herz mir
leicht, ob schlüg’ es bange.
Ich lauschte, wenn im heißen
Liedesdrange,
Umschimmert von der Sonne
goldnem Schein,
Die Vöglein sängen hell und
silberrein,
Wetteifernd in dem süßen
Morgensange.
Ich sänne dann, ein Verschen
selbst zu dichten,
Wenn wollt’ es anders von den
Saiten dringen,
Und reihte wohl noch ein
Klingreimchen dran.
Das würd’ ich dann an keinen
Andern richten,
Als nur an dich, der du, will
einmal singen
Ein Liedchen ich, geduldig
hörst mich an.
1795 – 1875
Im Stillen sitz’ ich an des
Bächleins Rand,
Und schau hinab in seine
leichten Wellen,
Die schimmernd sich in
Sonnenblitzen hellen,
Wie auf der Stirn ein
diamantnes Band.
Rings grünt und blüht das
üppge Uferland,
Ein Blumengarten an des
Bächleins Schwellen,
Und manches Fischlein mit den
flügelschnellen
Floßfedern hebt sich aus dem
Silbersand.
Da wird das Herz mir selber
froh und leicht,
Das wollt’ zuvor mir auf und
niederwogen;
Das Aug blickt hell, mir erst
noch thränenfeucht.
Es ist, als wär’, was mich so hart
bedrückt,
Weg mit des Bächleins Wellen
mir gezogen,
Weg in des Meeres Becken mir
entrückt.
1795 – 1875
Was will so gern ich immer
wieder schauen,
Das Wasser ist’s, obs wogt in
Silberwellen,
Ob will es sich zum klaren Spiegel
hellen,
Ob linde nur in Perlentropfen
thauen.
Rinnt murmelnd es durch
blumenreiche Auen,
Stürzt es herab in lauten
Wasserfällen,
Sich schäumend an der Felsen
zu zerschellen,
Kann mich kein Klang zu
stiller Lust erbauen.
Und darf es mich in warmen
Sommertagen
Im leichten Schifflein auf den
Wogen tragen,
Wie kann mich das so
wonniglich erletzen!
Wenn brennen mich der Sonne
heiße Gluthen,
Wie mag ein Trank aus frischen
Quellenfluthen
Die Lippen mir zu süßem Labsal
netzen!
1795 – 1875
Wo himmelan die stolzen Berge
streben,
Sich mit dem Saum der Wolken
zu umschließen,
Da will ich wie auf hohem
Sitze sprießen,
Und leben still ein süßes
Alpenleben.
Doch will ich gern mich dir zu
eigen geben,
Willst du vielleicht, mich
stille zu genießen,
Zu mir herauf zu wandern dich
entschließen,
Und mich zum Blüthenkränzchen
dir verweben.
Wenn andre Rosen mit den
Dornen stechen,
Dir blutge Wunden in die
Finger ritzen,
Mich dornenlose darfst du
schmerzlos brechen.
Wo ist ein Röslein sonst noch
wohl zu pflücken,
Das darf gleich mir im
Blätterschooße sitzen,
Und wird nicht Wunden in die
Handen dir drücken?
1795 – 1875
I.
Will mir einmal ein schmuckes
Häuschen bauen,
Wie heller Thau ins grüne Thal
gegossen,
Wo darf ich froh, im Herzen
unverdrossen
Hoch über mir die stolzen
Berge schauen.
Soll lieblich dort mir jeder
Morgen thauen,
Sei jeder Abend still von mir
genossen,
Und jedes Gräslein, grünem
Schooß entsprossen,
Jed Blümlein, duftend, soll
mich dort erbauen.
O heimlich Leben an der Alpen
Pforten,
O trautes Weilen in des Thales
Schatten,
O frisches Athmen in des
Waldes Kühlen!
Seis lustger dir an
lärmerfüllten Orten,
Ich will mich gern der süßen
Stille gatten,
Weit, weit hinweg von lauten
Tagsgewühlen.
II.
Mein Gärtchen will ich mir am
Häuschen loben,
Wo duften mir die schönen
Herbstesrosen,
Wo Pflaumen reifen, weiche
Aprikosen,
Der manche sei mir von dem
Zweig gehoben.
Derweil ich sie als saftig kann
erproben,
seh ich mit Lust, wie in den
zarten Moosen
Die Bienen mit den Honigblumen
kosen,
So fein, als wie von
Künstlerhand gewoben.
Und sitz’ ich in den grünen
Rebenlauben,
Darin sich farbenreiche
Lichter malen,
Umschwellen mich die lockend
süßen Trauben.
Wenn dann der Abend flüstert
in den Zweigen,
Die Sonne blitzt in ihren
letzten Strahlen,
Will sinnend ich in süßer Ruhe
schweigen.
III.
Mein Häuschen soll zwar still
verborgen liegen,
Doch hat es Raum für einen
Zweiten, Dritten,
Der immer sei bei mir noch
wohlgelitten,
Will er sich nicht auf weichen
Polstern wiegen.
Manch muntrer Scherz soll dann
vom Mund uns fliegen,
Und ist ein offnes Wörtchen
uns entglitten,
Kein Mäuschen lauscht in unser
trauden Mitten;
So still ist Alles, so geheim
verschwiegen.
In erster Frühe, wenn noch
Sternlein blinken,
Gehn wir hinaus zu frisch
bethauten Hainen,
Den Morgenhauch mit stiller
Lust zu trinken.
Und wird die Nacht zu sanftem
Schlaf uns laden,
Dann wandeln wir bei hellem
Mondesscheinen
In süßen Träumen wie auf
Zauberpfaden.
IV.
Wenn brennt der Sommer wie in
Glutheshitzen,
Dann wollen wir im Wald den
Sängern lauschen,
Wie sie in süßen Liedern sich
berauschen,
Derweil die Sonne lacht durch
Zweigesritzen.
Und wenn daheim wir wieder traulich
sitzen,
Gedanken um Gedanken
auszutauschen,
Soll uns das Herz in hellen
Klängen rauschen,
Und manches Verschen von dem
Mund uns blitzen.
So machen wir das Häuschen zum
Parnasse,
Und laden uns die Musen ein zu
Tische,
Und pflegen sie mit Wein und edler
Würze.
Und sind wir fröhlich bei dem
goldnen Nasse,
Dann dichten wir in neuer
Geistesfrische
Zwölf Dutzend Ritornelle noch
in Kürze.
1795 – 1875
Ein wenig darf ich wohl auch
noch daneben
Von manches Vögleins Art und
Weise singen;
Zur kleinen Gabe will ichs
denen bringen,
Die Vogelfreunde sind, wie
selbst ich eben.
Oft wollt’ sich mir das Herz
schon fröhlich heben,
Als wüchsen selbst mir
leichtgeschwellte Schwingen,
Wenn durft’ zu lauschen mir
einmal gelingen,
Wie jenen Schwaben, auf der
Vögel Leben.
Ein goldnes Büchlein wollt’
davon er schreiben,
Ein feiner Kenner, der weiß
hübsch zu deuten,
Was Vielen will oft ganz
verborgen bleiben.
Da jüngst ich nun es fleißig
durft’ studiren,
Will ich mit manchen draus
erworbnen Beuten
ein paar Sonettchen gerne mir
verzieren.
An Tönen sind die Vögel
wunderreich,
Sie rufen, schnalzen,
glucksen, seufzen, klagen,
Dann locken sie und girren
zart und weich,
Wie eben schlägt das Herz zu
manchen Tagen.
Wenn stimmen an sie ihren
vollen Sang,
Erklinget er ans Ohr in hellen
Tönen,
Wir lauschen ihnen gerne
stundenlang,
Ihr süßer Laut lockt uns manch
stilles Sehnen.
Doch ach! den Weibchen ist der
Sang versagt;
Ob lustig sie von Zweig zu
Zweig sich schwingen,
Darf, wenn der schöne
Frühlingsmorgen tagt,
Kein Liedchen doch aus ihren
Kehlen klingen.
Drum magst du auch, mein
liebes Töchterlein,
Weil singst du gern, ein
Vögelchen nicht sein.
Amsel
Harmonisch darf der
hochgeschwungne Laut
mir aus der sangesreichen
Kehle dringen,
Dem Morgen, wenn er kaum am
Himmel graut,
Den ersten Gruß frohlockend
darzubringen.
Wo hoch sich nur ein Gipfel
wölben mag,
Da laß ich mich in stolzem
Fluge nieder,
Daß, wenn sich neigt der
sonnenhelle Tag,
Ihn grüßen noch die letzten Abschiedslieder.
Ich liebe zwar des Waldes
Einsamkeit,
Dem lauten Lärm des Tages zu
entfliehen,
Doch nist’ ich gern zur
schönen Lenzeszeit,
Wo sich durch Gärten laubge
Büsche ziehen.
Auch hört man wohl ein
Frühlingslied mich schlagen,
Wo hoch ein Kreuz wil über
Gräbern ragen.
Rothkehlchen
Ich liebe, wo ich immer auch
noch sei,
Wohin zum Sang mich leichte
Schwingen tragen,
Die mir so lockende
Melancholei,
So lang mir darf das kleine
Herz noch schlagen.
Sind Andre harmlos jeden
lieben Tag,
Leichtsinnig oft und
flatterhaft zu nennen,
Ergetzend sich im lustgen
Sangesschlag,
Bin immer als schwerblütig ich
zu kennen.
Doch weil ich so und anders
nicht sein muß,
Und singe doch so seelenvolle
Weisen,
So hegt mich mancher
Melancholicus,
Und will mich seinen
Lieblingssänger heißen.
Kann doch nicht jeder lustig
immer sein,
So lang ihn noch das Leben
schließet ein.
Finken
Gar lustig tönt der Finken
heller Schlag,
wenn hört man ihn durch Wald
und Flur erschallen,
Er weckt, er schließt den
schönen, lieben Tag,
Und immer ist er klangesvoll
vor allen.
Ein Meister ist der eine im
Gesang,
Und läßt sein helles „Wirthsgebühr“
erklingen,
Derweil ein andrer, sinnt er
stundenlang,
Kein Meisterstücklein weiß
hervor zu bringen.
Kommt stets drauf an, wo einer
ist gelehrt,
Und wo er seine Studien
begonnen;
Wenn war sein Lehrer ächt und
sangbewährt,
Hat schnell er seine Weise
sich gewonnen.
Drum wer einmal will selbst
ein Meister sein,
Der finf’ bei Meistern sich
als Schüler ein.
Staar
Ich bin ein muntres,
rabenschwarzes Stärchen,
Kann schlagen, schnalzen,
schnarren, girren, schrillen,
Was du mir vorpfeifst, treff’
ich auf ein Härchen,
Gelehrig bin ich, immer dir zu
Willen.
Wenn nennest du mir einen
werthen Namen,
Der süß dir will vor allen
andern munden,
So kann ich ihn dir
meisterlich nachahmen,
Wie selbst du sprichst ihn gern
zu allen Stunden.
Wenn darf einmal ich in die
Fremde wandern,
Neugierig hin in ferne Länder
reisen,
So lern’ ich gern die Töne von
den Andern,
Und kehre heim mit nagelneuen
Weisen.
Und weil ich kann dich höchlich
amüsieren,
Darf wohl mein Käfig deine Fenster
zieren.
Zaunkönig
Ein König bin ich, ob auch nur
im Zaun,
Und meisterlich will stets es
mir gelingen,
Ein nettes Nestchen heimlich
mir zu baun,
Und drüber hin ein fröhlich
Lied zu singen.
Flink bin ich, hastig, ob auch
winzig klein,
Vorwitzig oft, was neues zu
erspähen,
Doch immer kann, wo flieg ich
aus und ein,
Man lustig mich und ohne
Sorgen sehen.
Ist Andrer Mund verstummt zur
Winterszeit,
So laß ich noch ein muntres
Liedchen schallen,
Daß tönt es schrillend in die
Runde weit,
Und kann als selten Jedem noch
gefallen.
Und wär’ der höchste Thron der
Welten mein,
Mich freut es mehr, im Zaun
ein König sein.
Schwalben
Wir siedeln an so manchem
stillen Haus,
Ein feines Nestchen sinnig uns
zu bauen,
Und fliegen fröhlich darin ein
und aus,
Ein wenig in der Welt uns
umzuschauen.
Wir lieben es schon seit
uralter Zeit,
Zur Bergung fromme Stätten uns
zu wählen,
Und wollen aus den fernsten
Fernen weit
Ins Heiligthum mit leisem Flug
uns stehlen.
Seitdem ists Brauch, daß man
von Land zu Land
Als hocherbaulich will uns
gerne preisen,
Und wo wir Nestchen fügen an
die Wand,
Da will man auch uns stets
willkommen heißen.
Und wenn wir weg in ferne
Weiten ziehn,
Wird bald kein Blümlein mehr
im Felde blühn.
Nachtigallen
Wie oft sind euch, ihr süßen
Nachtigallen,
Die hellen Saiten schon zum
Ruhm erklungen;
Wer je sich noch aufs
Dichterroß geschwungen,
Dem wollt’ vom Munde euer Lob
erschallen.
Wenn dursten wir durch grüne
Haine wallen,
An Bächen hin, dem klaren
Quell entsprungen,
Ist euer Sang uns hell ans Ohr
gedrungen,
Als horchten wir in goldnen
Sängerhallen.
Und wenn die Nacht sich senkte
schon hernieder,
Verstummen rings die andern
Sangeslaute,
Da schmetterten noch eure
helle Lieder.
Lang wollten wir den süßen
Klängen lauschen,
Als ob im Dom uns ein CDhoral
erbaute,
Den hörten wir herab vom Chore
rauschen.
Sperling
Nicht leicht wird einer
kühnlich wohl es wagen,
Will noch so laut ihm sonst
die Leier klingen,
Den Sperling, den
schmucklosen, zu besingen,
Dem die Natur wollt’ selbst
den Sang versagen.
Und doch, so liuest man in den
Göttersagen,
Wenn Aphrodite kommt, ihr Band
zu schlingen
Um manches Herz, ihm Lieb und
Leid zu bringen,
Spannt sie die Sperlinge vor
ihren Wagen.
Mit holden Tauben, mit den
stolzen Schwänen
Den goldnen Wagen im Triumph
sie ziehen;
So haben sie auch gleichen
Ruhm mit jenen.
Drum darf man wohl sie auch im
Lied erheben,
Das sie, weil sonst sie andre
Reize fliehen,
Zum Schmuck sich mögen um die
Flügel weben.
Gänschen
Ein Gänschen ach! man wollt’
es hoch sonst achten,
Und gern es zu den liebsten
Vögeln zählen,
Denn nur ein Federchen durft’
man ihm stehlen,
Gleich konnt’ man reimen und
in Briefen schmachten.
Doch seit Stahlfedern sich zu
eigen brachten
Uns neuerdings, nach Lust sie
auszuwählen,
Will auch, ich kanns dem
Gänschen nicht verhehlen,
Gar sonderlich es Niemand mehr
beachten.
Und doch viel schärfer,
spitziger gestalten
Will Manches sich, seitdem mit
Stahl wir schreiben,
Und Manches, scheints, will in
der Feder bleiben.
Drum laßt die Gänsekiele
wieder walten,
Wies war zuvor in guten alten
Zeiten,
Und nicht vorwärts uns so
eilfertig schreiten.